Hallo Frank,
habe die Gruppe und damit auch die Frage etwas spät entdeckt - deshalb auch
Post by Frank LeitnerKennt jemand den Timmerlaher Busch mit seiner Geschichte?
bin 1951 in der Kreuzstrasse geboren, in Braunschweig aufgewachsen und meine
Großeltern hatten einen Kleingarten am Weinberg, wo inzwischen Wohnhäuser
drüber stehen. Habe oft im Timmerlaher Busch mit Freunden gespielt und
manche Fahrradtour durch den Timmerlaher Busch zum Raffteich oder an den
Stichkanal zum Schwimmen unternommen.
Post by Frank LeitnerWir waren heute mal im Timmerlaher Busch spazieren.
An der Strassenbahnendhaltestelle sind wir rein. Nach kurzem
Spaziergang kam dann im Wald ein größeres, umzäuntes, Haus
(Förtserhaus?). Kurz danach eine Kreuzung im Wald.
Waren da nicht eher Kleingärten am Wald, in die nach dem Krieg aus Mangel an
Stadtwohnungen auch etwas größere Häuschen gesetzt wurden oder gehörten die
Häuschen irgendwie zu den Schießständen?-
Habe nur alte Stadtpläne von Braunschweig und darauf fährt dort noch keine
Straßenbahn. Unter dem heutigen Schulkomplex waren noch die Betonplatten
einer ehemaligen gesprengten Flakstellung bzw. des zugehörigen
Munitionsbunker, in dem uns niemand störte, weil er mitten im Acker lag...
Post by Frank Leitner;-)
Dort waren dann mehrere kleine Hügel. Beim herumtollen haben die
Kinder dann einige dicke Mauereste gefunden. Sie waren zum größten
Teil vom Erdreich bedeckt.
Dürften hauptsächlich dicke, zerborstene Betonplatten gewesen sein. Zu
schwer und sperrig, um sie nach der Sprengung mit vertretbarem Aufwand mit
den damaligen Mitteln der Zeit nach dem Krieg ab zu transportieren. Dicke
Betontrümmer zwischen den Erdwällen der Schießstände für die
Fallschirmjäger- und Flakeinheiten aus den Kasernen an der Broitzemer
Straße...
Post by Frank LeitnerNun haben wir uns gefragt, was das mal war. Auch ein Graben istz uns
dabei aufgefallen, über den einige Übergänge führen. Meist auch mit
alten, zerfallenen Mauerresten (sieht aus wie eine Brücke) bestückt.
Auch ein großes Teil einer Schranke, mit Betonsockel, liegt da herum.
Meines Wissens nach hat hier nie eine Burganlage oder ähnliches
gestanden. Und ein Bunker aus dem Krieg scheint mir unwahscheinlich.
Denn zur Zeit des WKII gab es in der näheren Umgebung keine Ansiedlung
zu deren Schutz so etwas gebaut worden wäre.
Hast du schon mal eine Burg aus Beton in Deutschland erlebt?- Um die Ziele
herum gab es dicke Betonkästen, wie sie vielleicht in der Buchforst bei den
ehemaligen Polizei-Schießständen neben der ehemaligen Bahnstrecke nach
Sickte noch vorhanden sein könnten und bestimmt bei den moderneren
Schießständen der 1. PanzerGren an den Herzogsbergen. Bei Broitzem wurde mit
schwereren Kalibern geübt als in Polizei-Schießständen...
Post by Frank LeitnerKann mir jemand sagen was das mal war? Goolge hat nicht weiter
geholfen.
Lange Zeit interessierten niemand die vielen Bombentrichter im Timmerlaher
Busch und mit Sicherheit finden sich dort auch noch reichlich Blindgänger.
Ich habe selbst dort als Kind noch 2 schwere Flüssigkeits-Brandbomben mit
schwerem Sprengkern gefunden. Sah aus, als ob dicke Rohre aus dem Waldboden
ragten. Bei näherer Betrachtung schauten aus dem Rohrende, das in der Mitte
einen etwa 3-5 cm dicken Kern enthielt, seitwärts vom Kern noch Füllstutzen
und als wir beim Versuch des Ausgrabens die Wölbung am vorderen Teil
entdeckten, fuhren wir zur KVG und riefen die Polizei...
In den letzten Tagen des Krieges verkrochen sich die Nazis oder flüchteten
aus der Stadt. Außer möglichst baldigem Frieden sowie überlebensnotwendiger
Nahrung interessierte niemand von meinen Leuten, ob die Schießstände aus der
Luft zerstört wurden, weil dort noch versteckte Waffen vermutet wurden oder
erst nach dem Krieg gesprengt...
Post by Frank LeitnerOder haben da nur irgendwelche Umweltsünder mal Bauschutt entsorgt?
Die Nazis scherten Umweltschäden nicht. Nur einige von ihnen schworen auf
Homöopathie für die Gesundheit. Sie hatten die gesamte Braunschweiger
Innenstadt und diverse Plätze drum herum als Bauschutt hinterlassen. Das
waren natürlich die bösen Alliierten schuld, die sich gegen deutsche
Angriffe wehrten und bösartig mit viel größeren Bombern und in der Übermacht
zurück schlugen... >;-(
Es gab da nach dem Krieg einen Braunschweiger Zeichner und Kartographen -
Bollmann - der nach Luftbildern hinterlassene Trümmerberge, Trümmerbahn und
Schuttflächen mit den stehengebliebenen Gebäuden und Gebäudeteilen der
Innenstadt als Stadtplan zeichnete. Nicht nur von Brauschweig, sondern auch
vielen anderen zerstörten deutschen Städten. Man sieht darauf aber auch, das
viele Häßlichkeiten der Nachkriegsstädte erst nach den Kriegszerstörungen
von Grundstücksspekulanten angerichtet wurden...
Hitler und Göring wollten Großbritannien "coventrysieren". Schon vor dem
Krieg hatten ihre Flieger in Guernica dafür geübt. Dummerweise hatten vor
allem Briten und Amerikaner ein paar Flugzeuge mehr und die waren dann auch
noch größer mit mehr Nutzlast für Flächenbombardements...
Während die später hinzu kommenden US-Bomber sich auf
Präzisions-Ziel-Angriffe tagsüber spezialisierten, versuchten die Briten es
wegen der zunächst noch starken deutschen Luftabwehr und der
Jagdflieger-Verbände hauptsächlich mit Nachtangriffen, um nicht zu hohe
Verluste zu erleiden. Dabei wurden Zielgebiete mit einer Art Sonar geortet
und Erhebungen der Bäume im Timmerlaher Busch mochten wohl auch einige
Bomberpiloten irre zu führen als scheinbare Häuserflächen...
In Braunschweig gab es einiges an Rüstungsbetrieben. MIAG, Luther-Werke,
Büssing und auch der Bahnknotenpunkt waren wichtige Kriegsziele für
Bombenangriffe. In den engen Gassen der Innenstadt genügten wenige Spreng-
und Brandbomben sowie relativ kurze Zeit, um aus wenigen Bränden einen
Feuersturm heran wachsen zu lassen, der den größten Teil der Braunschweiger
Innenstadt weg fegte und in der Altstadt zwischen Radeklint und Alter Waage
hunderte Menschen im Luftschutzbunker hilflos ersticken ließ...
Als die Braunschweiger Fallschirmjäger noch in den Schießständen im
Timmerlaher Busch übten - lange vor Kreta - mochte wohl niemand an solche
verheerenden Folgen denken (ähnlich wie heutige deutsche Kriegsprofiteure -
wir sind ja wieder wer - und deutsche Soldaten stehen wieder fern der Heimat
gegen irgendwelche angeblichen Banditen und Verschwörer):
"Wir werden weiter marschieren,
wenn alles in Trümmern fällt,
denn heute gehört uns Deutschland
und morgen die ganze Welt!",
wurde großkotzig gesungen. Wer aktiv Widerstand leistete, kam in den Knast
oder wurde tot geschlagen. In Braunschweig schon weitgehend unbestraft ab
1932, nachdem der österreichische Gastarbeiter und GröFaZ in Braunschweig
zum deutschen Staatsbürger gemacht wurde... <;-)
Die Betonplatten bei den Schießständen im Timmerlaher Busch waren zu groß
und schwer, der Boden zu weich für damalige Maschinen zum Abtransport.
Sowohl britische Besatzer als Braunschweiger Bürger hatten nach dem Krieg
lange Zeit dringlichere Probleme als ein paar Betonbrocken zwischen
Erdwällen im südöstlichen Timmerlaher Busch...
Heute vom Fuße des Taunus... Lothar
www.huegel-edv.de